pARTnerinnen-Schulkooperation
Kultur & Spielraum e.V. München – Mittelschule Peslmüllerstraße, Mittelschule Franz-Nißl-Straße
pARTnerinnen ist ein Kunst-Kooperationsprojekt mit Mittelschulen in München. Die Schüler*innen waren eingeladen, im gewohnten Umfeld und für einen Vormittag, erste künstlerische Arbeiten mit den Medien Fotografie, Trickfilm, Tusche-Zeichnung und Schreibmaschine anzufertigen. Zusätzlich bekamen die Schüler*innen den Auftrag, mit einer Einwegkamera über den Zeitraum von drei Wochen ihr „Bild des Tages“ zu dokumentieren. Die individuellen Resultate dieses Kick-offs waren die Ausgangspunkte für die jeweils drei Ateliertage in der Pasinger Fabrik. Dort besuchten die Schüler*innen bis zu drei verschiedene Werkstätten. Die Schüler*innen fanden in verschiedenen Handwerken und künstlerischen Methoden ihren eigenen persönlichen Zugang und so entstanden in unterschiedlichen Werkstätten künstlerische Arbeitsserien, die aneinander anknüpfen, einander kommentieren und sich in eine andere Formensprache übersetzen ließen. Die künstlerische Methoden waren dabei prozessorientiert und ergebnisoffen.
In der Fotowerkstatt beschäftigten sich die Jugendlichen mit dem Thema Portrait. Nach einer Einleitung zu den Themen Licht und Kameraeinstellungen fotografierten sich die Teilnehmer*innen gegenseitig. Jede und jeder stand vor der Kamera und wurde von allen Teilnehmenden der Gruppe fotografiert. Die Schüler*innen erlebten dadurch, wie unterschiedliche und vielfältige Bilder entstehen. Die eigenen Erfahrungen vor der Kamera wurden intensiv ausgetauscht, der Leitfaden beim Fotografieren war die Lust am Experimentieren, Posieren und vor allem Themen, die die Schüler*innen selbst mitgebracht haben. Erlebnisse aus den anderen Werkstätten flossen auch mit ein ‒ zum Beispiel hat ein Schüler sich mit seinem Computerspiel-Lieblingsavatar beschäftigt und dies haben wir bei Fotos dann weiter übernommen. Bei der Fotografie-Werkstatt wollten wir digitale Kenntnisse mit analogen Techniken verknüpfen, dafür haben wir uns für ein analoges Druckverfahren aus dem 19. Jahrhundert entschieden ‒ die Cyanotypie. Die Jugendlichen bestrichen in der Dunkelkammer Aquarellpapier mit fotoempfindlicher Lösung. Der Auftrag war auch eine gestalterische Aufgabe ‒ neben dem akkuratem Aufbringen der Cyanotypie-Lösung waren die Schüler*innen auch aufgefordert, sich experimentell auszuprobieren. Während die Blätter in der Dunkelkammer trockneten, nahmen wir die Portraits im Fotostudio auf. Die Bilder schauten wir gemeinsam an und sprachen über die Ergebnisse. Die Lieblingsbilder wurden in schwarz-weiss bearbeitet. Drei davon bereiteten wir als Negativ vor und druckten sie auf transparente Folien aus. Diese Folien haben wir auf das vorbereitete Fotopapier gelegt und in der Sonne belichtet. Nach der Belichtung im Freien wurden die Drucke von den Schüler*innen mithilfe von Wasser entwickelt. Aus dem dunkelgrünen Negativ entstand ein leuchtend blauer Print. Jeder Druck ist ein Unikat. E k a t e r i n a S k e r l e v a Fotografin, lebt und arbeitet in München
In dem Workshop Holz, Objektbau und Skulptur setzten sich die Schüler*innen mit Computerspielen, mit digitalen Räumen und Objekten in Verbindung mit persönlichen Erinnerungen auseinander. Dabei durchliefen sie spielerisch in analogen und kreativen Prozessen eine digitale Modellier-Software (angelegt an einem Computerprogramm mit dem Spielumgebungen erstellt werden). Die Herausforderung war, eigenständige Ideen zu entwickeln anhand einer angeleiteten, virtuellen Traumreise oder Ideen aus zuvor besuchten Workshops weiter zu bearbeiten oder Übersetzungen dafür zu finden, wie ein Gedanke oder eine Erinnerung in eine Skizze übertragen werden kann oder wie man einen Entwurf vergrößert und als dreidimensionales Objekt plant. Dabei lernten die Schüler*innen unterschiedliche Techniken und waren gefordert, mit unterschiedlichen Materialien sich auszudrücken und dabei sich gegenseitig zu helfen. Die Schüler*innen bekamen Einblicke in Handwerk und Kunst, sowie Inputs über Aufbau und Eigenschaften von Computerspielen und übergreifende wirtschaftliche Anwendungsbereiche, bei denen Computerspielkenntnisse von Nutzen sind. L e o n G a l l i Medienkünstler, Bildhauer und Tischler, lebt und arbeitet in Leipzig und Halle
In der Schnittstellenwerkstatt arbeiteten wir spielerisch mit unterschiedlichen Medien und Materialien. Neben den Schreibmaschinen, Aquarellkästen, Wachsmalkreiden standen Scanner und Laser-Drucker auf dem Tisch. Intuitiv und ergebnisoffen wurden dort Motive digitalisiert, verfremdet und wiederum (neu) interpretiert. Das serielle Arbeiten der Schüler*innen führte zu eigensinnigen Motiven und Bildern, wobei das unaufhörliche Übersetzen von Analogität in Digitalität (und wieder zurück) nicht nur einer Art Tischtennis glich, sondern auch auch den spielerischen Charakter dieser Herangehensweise in die entstandenen Arbeiten einschreiben ließ. So wurde zum Beispiel aus einer Fotografie ‒ als Ausgangsmotiv ‒ eine abstrakte Malerei, oder aus einem Linolschnitt ein dadaistisches Gedicht. Die Schüler*innen experimentierten dabei in alle Richtungen und interpretierten ihre eigenen Arbeiten immer wieder neu, wodurch sich wiederkehrende Elemente abzeichneten. Der Fokus lag dabei weniger auf der Kreation „der einen perfekten Arbeit“ sondern bei der Freude am Experiment und der wertschätzende Austausch mit den Mitschüler*innen. F r a n z i s k e P ä t z o l d Medienkünstlerin , lebt und arbeitet in München und Leipzig
Der Linolschnitt ist eine druckgrafische Technik, bei der ein Block aus Linoleum als Druckplatte verwendet wird. Linoleum eignet sich besonders gut für diesen Zweck, da es eine weiche und leicht zu bearbeitende Oberfläche hat. Um einen Linolschnitt zu erstellen, wird zunächst ein Entwurf auf die Oberfläche des Linoleumblocks übertragen. Anschließend werden mit verschiedenen Werkzeugen wie Messern oder speziellen Linolwerkzeugen die nicht-druckenden Bereiche des Blocks herausgeschnitten, während die zu druckenden Bereiche erhöht stehen bleiben. Sobald der Linolschnitt fertig ist, wird er mit Druckfarbe eingewalzt und auf Papier gelegt. Durch das Ausüben von Druck wird die Farbe von den erhöhten Teilen des Schnitts auf das Papier übertragen, wodurch das gewünschte Bild entsteht. Bei der Motivwahl ließen wir uns von den vorangegangen Arbeiten der Kinder und Jugendlichen inspirieren. Dabei wurden etwa Fotografien bildhaft als Linolschnitt übersetzt. Aber auch die ursprünglichen Ideen der Schüler*innen wurden weiterverfolgt, so dass ganz neue Motive zustande kamen, welche sich thematisch in die bereits entstandenen Arbeiten der Schüler*innen einreihten. Die Druck-Werkstatt wurde von M a r c e l R a l l e geleitet. Er ist bildender Künstler und Musiker, lebt und arbeitet in München.
In dieser Werkstatt wurden die Jugendlichen zu Autor*innen und Filmemacher*innen ihres eigenen Trickfilms. Der Workshop gehört zum digitalen Teil des Projekts, da wir die Filme mithilfe von Tablets aufgenommen haben. Mit der Stop Motion-App werden einzelne Bilder geschossen, die dann zusammengeführt und als Film wiedergegeben werden. Die Kinder und Jugendlichen wählten aus einer Bandbreite an Materialien, die aus eigenen Zeichnungen, Vorlagen, Figuren oder Objekten bestanden ihr eigenes Konzept für ihren Trickfilm aus. Sie wählten eine Ebene und Perspektive und starteten das Filmen. In einem professionellen Trickfilm werden pro Sekunde in etwa 24 Bilder aufgenommen. Aber auch mit weniger Bildern entsteht ein spannender Trickfilm. Nachdem alle Bilder aufgenommen waren, begann die Magie der Trickfilme, denn nun spielt sich die eigene Idee in einem Video ab. Durch diese Werkstatt konnten die Jugendlichen durch das praktische Herstellen eines eigenen Produkts ihre Medienkompetenz stärken. Sie haben gelernt, wie einfach sich ihre Ideen mithilfe eines Tablets oder Handys und einer kostenlosen und einfach zu bedienenden App umsetzen lassen. Und genauso einfach können sie weitere coole Trickfilme in Zukunft selbst erstellen. L i s a M e y e r leistet ihren Kultur-Freiwilligendienst bei Kultur & Spielraum
Auswählen, Reduzieren, Hervorheben Welcher Trickfilm entsteht aus dem Linoldruck-Motiv, was geschieht mit den Bildern bei deren analog-digitaler Transformation? Während etwa im Schnittstellen-Atelier der Scanner als kreatives Werkzeug zum Einsatz kam oder in der Holzwerkstatt Objekte mit Hammer, Bohrmaschine und einer Entwurfs-Software gestaltet wurden, ging es im Copy Shop um das unmittelbare Kopierverfahren selbst, um den direkten, physikalischen Bildtransfer durch Abpausen, Abreiben und Abdrucken. Übertragen, Verändern, Erweitern Unsere Hilfsmittel dabei waren Bleistift und Kugelschreiber, Wachskreiden, Wasserfarben, durchsichtiges Paketklebeband und Folien, selbstgemachte Moosgummistempel und Overheadprojektor (alte Plastikkarten dienten als Falzbeinersatz). Fürs Drip Painting stehen zum Einstieg erst mal alle auf und schütteln die Farbe ganz locker vom Pinsel aufs Blatt. Was das soll? Was das ergibt? Vielleicht ist eine Struktur zu erkennen oder eine Figur ‒ die wird dann mit dem Faserstift herausgehoben. Geschenkpapiermuster, Geästwirrwarr? In der nächsten Runde soll die Nachbarin oder der Nachbar eine andere Interpretation hinzufügen. Vorlagen aus dem Kick-off-Tag an der Schule oder Motive vom Vortag werden abgezeichnet oder durchgepaust und mit Wasserfarben nass in nass ausgemalt. Nicht mehr wiederzuerkennen oder schöner jetzt? Reproduzieren, Aneignen, Remixen Transparentfolie wird auf eigene Arbeiten oder die von anderen gelegt und mit unterschiedlich starken Stiften überarbeitet: erst die Umrisse übertragen, anschließend Flächen füllen. Wie kann man so die feinen Kontraste einer Fotografie wiedergeben? Mit dem Overheadprojektor lassen sich kleine Originale ganz einfach vergrößern. Ist die Papierbahn groß genug, können drei Schüler*innen gleichzeitig nachzeichnen. Laserkopien eignen sich gut als Ausgangsmaterial für den Bildtransfer mit Klebeband. Die Vorlage kann ein- oder mehrfarbig und sollte nicht zu detailreich sein, beim Klebeband gilt, je breiter, je besser. Ist das im Wasser aufgelöste Papier abgerubbelt, füllt sich die Durchsicht-Galerie auf der Fensterscheibe nach und nach mit Kontaktbildern. Die raue Machart und der Vintage-Look der Klebekopien ist faszinierend einfach. Damit könnte man jetzt auch schnell Postkarten oder sogar kleine Magazine herstellen. Re i n h a r d K a p f h a m m e r Kulturpädagoge